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Vom 11. bis 13. August 2017 findet auf dem Nürburgring die 45. Auflage des AvD-Oldtimer-Grand-Prix statt. Einer der Höhepunkte im vielfältigen Rennprogramm sind dabei die Tourenwagen Classics, die sich in ihrer zweiten Saison befinden und sechs Wochen nach ihrem fulminanten Gastspiel bei der DTM auf dem Norisring ihren vierten Wertungslauf abhalten.

Sechs DTM-Helden bestimmen im Vorfeld die Schlagzeilen:

Gianfranco Brancatelli– der italienische Ex-Formel-1-Pilot erinnert an seine DTM-Saison 1989 mit dem legendären “Eggi”-Ford Sierra RS 500 Cosworth von Ruedi Eggenberger.

Harald Grohs– der unverwüstliche Essener kehrt nach exakt 30 Jahren in das Cockpit seines schwarzen BMW M3 E30 2.3 (1987) des Recklinghäuser Vogelsang-Rennstalls zurück.

Olaf Manthey– der Bonner steigt in das 1983 von Rolf und Herbert Hartge aus Beckingen im Saarland eingesetzte BMW 635 CSi Gruppe A Coupé der Gebrüder Schumann aus Saarbrücken.

Marc Hessel– der Mitbegründer und -organisator der Tourenwagen Classics teilt sich wie bereits am Norisring mit Stephan “Pipo” Piepenbrink das Cockpit des DTM-M3 E30.

Roland Asch– acht Wochen nach seinem Auftritt mit dem Zakspeed-Mercedes 190E 2.5-16 aus der DTM 1991 startet der Schwabe aus Ammerbuch nun mit dem Ford Sierra Cosworth.

Volker Strycek– der erste Produktionswagen-Meister aller Zeiten sitzt, wie bereits vor acht Wochen auf dem Nürburgring, im STW-Opel Astra Stufenheck des Tourenwagen-Enthusiasten Steffan Irmler.

Beim vierten Wertungslauf der Tourenwagen Classics kehrt das Feld der DTM- und STW-Legenden in Vollbesetzung an den Nürburgring zurück. Acht Wochen zuvor feierten die Klasse-1-Mercedes von Jörg Hatscher und Thorsten Stadler einen Doppelsieg. Inzwischen hat das Starterfeld hochkarätigen Zulauf erfahren, mehr als 30 Tourenwagen-Klassiker sind am zweiten Wochenende im August 2017 für den 45. AvD-Oldtimer-Grand-Prix auf dem Eifelkurs gemeldet. Angeführt wird die Nennungsliste von einem Audi-Prototypen der Klasse 1, der ein Vierteljahrhundert nach seiner Entwicklung nun überraschend seine Rennpremiere feuern darf. Anton Werner aus Landshut bringt einen der Ingolstädter Versuchsträger für die Klasse 1 an den Start, die letztlich nicht an den Start gehen durften. Einer seiner direkten Widersacher kommt ebenfalls aus Landshut: Stephan Rupp mit dem Alfa Romeo 155 V6 ti ITC aus dem Jahr 1996. Der Unternehmer war zuletzt zweimal im Pech. Jedesmal fiel er, in Führung liegend, mit technischen Gebrechen an seiner italienischen Diva aus. Besonders hart traf es ihn auf dem Norisring, als er anderthalb Minuten vor dem Fallen der Zielflagge aufgrund von Rauchentwicklung ausrollte. Beim dritten Anlauf will Rupp mit dem 1996 von Giancarlo “Fisico” Fisichella gefahrenen Allradler nun endlich siegen.

Sechs ehemalige DTM-Helden wollen ihn daran hindern, angeführt von Gianfranco Brancatelli. Der Italiener war 1979 für den Formel 1 des Aacheners Willi Kauhsen vorgesehen. Der Einsatz kam aber nicht zustande, Kauhsen zog sich unverrichteter Dinge wieder zurück. Vier Millionen D-Mark waren zu diesem Zeitpunkt investiert worden. 1984 trat “Branca” als neuer Partner des dreimaligen Tourenwagen-Europameisters Helmut Kelleners auf dem BMW 635 CSi Gruppe von Ruedi Eggenberger in Erscheinung. Die Partnerschaft mit dem Tuner aus der Schweiz hielt bis 1989 an, als “Eggi” zwei Ford Sierra RS 500 Cosworth in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft im Auftrag der Ford-Werke einsetzte. Die “klassenlose Gesellschaft” der DTM erwies sich jedoch als Stolperstein, das Einbremsen des offen bis zu 560 PS leistenden Vierzylinder-Vierventil-Turbomotors über einen Ansaugluftmengen-Begrenzer erwies sich als politischer Zankapfel. Bei den 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps und auf dem Nürburgring hingegen durfte ohne einen “Air Restrictor” gefahren werden, und an diese Zeit erinnert der Gruppe-A-Tourenwagen, mit dem Brancatelli nun antritt. Das Original-Fahrzeug gehört zu einer Truppe neuseeländischer Privatsammler, die sich zurzeit auf einer motorsportlichen Weltreise befinden. Ein ähnliches Exemplar bringt auch Sebastian Glaser aus München mit in die Eifel, er war vor acht Wochen bereits sehr schnell unterwegs, hielt sich sogar vor der 66-jährigem DTM-Legende Roland Asch aus Ammerbuch. Der Schwabe ist erneut mit von der Partie, er tauscht jedoch das Cockpit seines Zakspeed-Mercedes 190E 2.5-16 Evo gegen das eines weiteren Ford Sierra RS Cosworth, den er sich mit Volker Schneider teilt. Diesen “Cossie” steuerte Aschs Sohn Sebastian vor sechs Wochen auf dem Norisring – es bleibt demnach in der Familie. Im roten Ford saß bei zwei Anlässen auch schon Marc Hessel aus Bonn. Vor 3o Jahren war der studierte Architekt BMW-Junior in der DTM und Anwärter auf den Titel, seit dem Wertungslauf auf dem Norisring sitzt er wieder hinter dem angestammten Lenkrad eines M3. Stephan Piepenbrink ist erneut sein Mit-Fahrer.

Harald Grohs (73) löst sein im Mai gegebenes Versprechen ein und kehrt nach drei Jahrzehnten in den schwarzen Vogelsang-BMW M3 aus Recklinghausen zurück. Damit war der Essener 1987 der erste DTM-Profi überhaupt, der ein bedeutendes Rennen auf dem damals neuen Fahrzeugtyp gewinnen konnte. Der heutige Besitzer, Ralph Bahr (47) aus Wiesbaden, ist bei den Tourenwagen Classics neben Marc Hessel und Alexander Ferreira nicht nur eine der zentralen Antriebskräfte, sondern auch einer ihrer Titelanwärter. Er sieht dem Gastspiel des alten Haudegens mit gemischten Gefühlen entgegen und hofft, dass bei möglicherweise gemischter Wetterlage kein edles Blech verbogen wird. Dieser Werkstoff ist noch bei vielen klassischen Tourenwagen tragender Bestandteil, so auch beim BMW 635 CSi Gruppe A, den das Saarländer Brüderpaar Rolf und Herbert Hartge ab 1983 in der Tourenwagen-Europameisterschaft, unter anderem mit Jörg van Ommen, einsetzte. Das 380-PS-Coupé blieb in seiner Saarländer Heimat, mittlerweile gehört es einem anderen Saarländer Brüderpaar, diesmal mit Namen Schunann. Olaf Manthey zirkelt bei der einen oder anderen Youngtimer-Veranstaltung am Lenkrad, und beim bevorstehenden Oldtimer-Grand-Prix ist der 62-Jährige aus Bad Bodendorf einmal mehr mit von der Partie. Sollte es regnen, wird der einstige Driftkönig von der Nürburgring-Nirdschleife im vorderen Feld mitmischen, bei trockener Piste dürfte er es schwerer haben. Die Technologie schritt ab Mitte der achtziger Jahre mit großen Schritten voran, dies belegt nicht zuletzt der Eidgenosse Jürg Dürig auf einem weiteren “Sechser-Coupé”, das noch nach dem Statut der bis 1981 gültigen Gruppe 2 vorbereitet ist. Ruedi Eggenberger, später in Ford-Diensten, hat es für Helmut Kelleners und Umberto Grano auf die Räder gestellt, prompt wurde das deutsch-italienische Duo damit Europameister. Dürig kaufte den BMW 635 CSi Gruppe 2 am Ende der Saison 1981 und gab ihn nie wieder aus den Händen. Erstmals in diesem Jahr greift der detailverliebte Schweizer in das Geschehen ein.

Fazit: Es ist angerichtet – ein Tourenwagen-Fest ist zu erwarten, und es wird die bis zu 60.000 angekündigten Fans des Motorsports in seiner ursprünglichen Form begeistern. Dass Volker Strycek, 1984 der erste Produktionswagen-Meister in der Geschichte, dieser großen Gruppe angehört, ist unbestritten. Der gebürtige Essener bevorzugt klassische Renntourenwagen wie den Zweilter-Opel Astra STW. Diesen teilt er sich mit Steffan Irmler aus Drebber, und sollte es tatsächlich nass werden am Wochenende, dann geigt er mit dem maximal 280 PS leistenden Fronttrieber gemeinsam mit Olaf Manthey ganz vorne mit. Fast könnte man sich Regen wünschen, denn dann würde es richtig spannend, und die alten Helden der DTM könnten ihre Extraklasse zeigen. Die Sonne muss nicht immer vom Himmel hoch jauchzen, um Geschichte auf Rädern erlebbar werden zu lassen.

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome